Kernhof


Gemeinde Sankt Aegyd am Neuwalde

Ortsgeschichte

Südwestlich von St. Aegyd am Neuwalde im Keertal zwischen Göller und Sonnberg liegt der Weiler Kernhof und die zu ihm gehörende Streusiedlung. Durch das Keertal verläuft die Straße über das Kernhofer Gscheid in die Steiermark und nach Mariazell. Bis ins 19. Jahrhundert nahm die Straße den direkten Weg durch den Graben hinauf über die steile Lehne. Die Fuhrwerker mussten beim Sattelbauer, damals Wirtshaus und Bauernwirtschaft, starke Pferde oder Ochsen als Vorspann anmieten, andernfalls war die Steigung nicht zu bewältigen. Anton Fischer, der Besitzer der Eisenwerke in St. Aegyd und Furthof, regte im 19. Jahrhundert den Bau einer Serpentinenstraße an. Finanziert wurde der Bau u.a. durch eine Maut, die Fischer als Administrator der Straße einheben durfte.     

Die Besiedlung des Tales begann ab dem 17. Jahrhundert. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1647. Es waren Waldbauern und Holzknechte, die sich hier niederließen. 1837 standen in der Rotte Keer, wie Schweickhardt berichtet, 32 Häuser und zahlreiche nicht nummerirte Holzhackerhütten. In den Häusern lebten 75 Familien mit 48 schulfähigen Kindern. Der Viehstand belief sich auf 12 Pferde, 66 Ochsen, 178 Kühen, 150 Schafen und 170 Schweinen.

Die schulfähigen Kinder konnten seit 1832 eine Schule in Kernhof besuchen, ab diesem Jahr musste die Schule in St. Aegyd im Amt Keer eine Notschule einrichten. Die Keerer Bauern hatten für Verpflegung und Nachtquartier des Lehrers aufzukommen. Allerdings musste der Schulbetrieb 1850 wegen der Baufälligkeit des Gebäudes wieder eingestellt werden. Die Kinder mussten wieder den langen Schulweg nach St. Aegyd auf sich nehmen. Ihre Situation besserte sich erst gegen Ende des Jahrhunderts, als Ernst Carl Graf Hoyos-Sprinzenstein Grund für den Bau einer Schule in Kernhof zur Verfügung stellte. 

Der kleine Weiler wäre im 19. Jahrhundert fast der Ausgangspunkt für ein spektakuläres Bahnprojekt geworden: Nach der Fertigstellung der Kaiserin Elisabeth Bahn erwog man eine Verbindung der Westbahn mit der Südbahn. Die Verbindung von St. Pölten nach Leobersdorf durch eine Bahnstrecke, die das Traisen-, Gölsen- und Triestingtal erschloss, wurde 1877 dem Betrieb übergeben. Als Nebenbahn errichtete man eine Stichbahn von Traisen nach Kernhof. Der erste Zug fuhr 1893 in Kernhof ein. Die Nebenbahn sollte in der Folge zu einer Bahnverbindung vom Donauhafen Krems nach Mürzzuschlag ausgebaut werden. Dazu war ein 4.600 m langer Durchstich des Göllermassivs geplant. Das Vorhaben scheiterte am Widerstand der k.k. Forstdirektion und der Jägerschaft. Immerhin erlebte der Bahnhof am 24. September 1910 einen denkwürdigen Moment: Kaiser Franz Joseph bestieg hier nach einem Besuch in Mariazell und einem Treffen mit Arthur Krupp in dessen Jagdhaus in der Walster den kaiserlichen Hofzug.

Heute erinnert an die Stichbahn nur mehr der Bahnhof. Der Betrieb der Bahnstrecke Traisen-Kernhof wurde seit den 80er Jahren reduziert: Ab 1988 wurde Kernhof nicht mehr angefahren, 2010 wurde auch der Personenverkehr zwischen Schrambach und St. Aegyd am Neuwalde eingestellt.

Neben der Landwirtschaft war es vor allem der Holzreichtum, der hier Erwerbsmöglichkeiten bot. 1921–1922  errichtete Ernst Carl Graf von Hoyos-Sprinzenstein in Kernhof ein großes Sägewerk. Als Antrieb diente eine Dampfmaschine. Ab 1936 entstand im Nordwesten des Ortes die sog. Hoyos-Siedlung. 1984 stellte das Sägewerk seinen Betrieb ein.

Einen wesentlichen Beitrag zur Belebung des Fremdenverkehrs leisten das Kameltheater und der Weiße Zoo, beide Einrichtungen im Jahr 2000 von Herbert Eder gegründet. Der Zoo besitzt die einzigen weißen Bengaltiger in Österreich. Diese und die Schneeleoparden sind in ein internationales Artenerhaltungsprogramm eingebunden. Seit 2011 ist die Nachzucht der weißen Bengaltiger erfolgreich. 2015 kam es sogar zu einer Fünflingsgeburt.